Schräge Vögel – was die Regisseurin zu erzählen hat… Angekündigt ist „ein Remix“ zweier ganz unterschiedlicher Werke: „Schräge Vögel“ unter der Regie von Melanie Schmidt (Foto © Maximilian Borchardt) vereint eine Komödie von Aristophanes aus dem Jahr 414 vor Christus mit ganz zeitgenössischen sprachlichen Miniaturen aus der Feder von Caren Jeß. „Eine esoterische Pute, die eine andere für das eigene Edelstein-Heim arbeiten lässt, ein Dreckspfau, der von eleganten Federn träumt, rebellische Flamingos, die aus ihrem Käfig ausbrechen wollen, und eine weiße Taube, die sich nach einem barocken Leben voller Musik und Schönheit auf einem vermüllten Campingplatz sehnt…“ – hier steckt drin, was draufsteht: Schräge Vögel eben. Mehr dazu schildert die Regisseurin uns im Interview. Delta im Quadrat: Erzähl mal – wie entstehen deine Stücke? Gibt es ausschlaggebende Ereignisse oder entwickelst du Geschichten, die du persönlich gerne sehen möchtest? Melanie Schmidt: Bei mir übernimmt bei der Stückauswahl die Intuition die größte Rolle. Wenn ich eine Geschichte gefunden habe, die ich auf der Bühne erzählen möchte, ist meine Wahl getroffen. Als zweites gehe ich dann genauer an das Stück heran und schaue mir an, was den Inhalt und die Figuren für das Publikum heute interessant machen könnte. Und häufig bin ich überrascht, wieviel Neues man dabei über das Stück erfahren kann! Dadurch ergibt sich am Ende eine Komposition, die meinen persönlichen Erzählwunsch in einen heutigen Kontext setzt. DiQ: Du hast bereits Erfahrung als Regieassistentin. Jetzt bist du Regisseurin. Wie unterschiedlich sind die beiden Positionen und welche Herausforderungen hast du erlebt? MS: Tatsächlich unterscheiden sich die beiden Tätigkeitsbereiche völlig. Die Arbeit der Regieassistenz umfasst ein selbstständiges Arbeitsfeld. Die Hauptaufgabe ist dabei das Koordinieren der Proben und der verschiedenen technischen und künstlerischen Abteilungen an einem Theaterhaus. Dadurch ermöglicht die Regieassistenz, dass die Regieperson frei von der organisatorischen Arbeit die Inszenierung im Fokus halten kann. DiQ: Wie entwickelt sich so eine ursprüngliche Idee, ein Bild im Kopf, später auf der Bühne? Musst du viel anpassen? MS: Ich habe tatsächlich meist schon eine genaue Vorstellung im Kopf, wenn ich den Text das erste Mal lese. Das hilft mir, eine erste Arbeitsrichtung einzuschlagen. Doch es wäre ziemlich langweilig, wenn ich daran bis zur Premiere festhalten würde! Der Probenprozess profitiert davon, dass mehrere Menschen – auf wie hinter der Bühne – zusammenkommen und dann geht das Brainstormen erst richtig los. Die eigenen Konzepte sollten deshalb immer biegsam und dynamisch bleiben. DiQ: Was hat dich dazu inspiriert, Aristophanes’ „Die Vögel“ mit Caren Jeß’ „Bookpink“ zu kombinieren? Welche Themen möchtest du dadurch darstellen? MS: Bei Aristophanes hat mich vor allem der Witz in der Sprache und die Zeitlosigkeit einer Utopie-Erzählung inspiriert. Sie gibt der Inszenierung eine Rahmenhandlung, in die sich hervorragend die Szenen aus Caren Jeß’ „Bookpink“ einfügen lassen. Ihre Texte zeigen ganz konkrete Situationen, die man aus dem Leben kennt. Jeß erschafft aus ihnen eine fesselnde Dystopie, die einen ganz in ihren Bann zieht. Somit erzählen sie und Aristophanes eigentlich das gleiche: er eine hoffnungsstarke Utopie, sie wiederum betrachtet die Dinge aus der anderen Richtung. Zwei Seiten einer Medaille. Und dass in beiden Stücken primär Vögel die Protagonisten sind, hat schon fast danach geschrien, die beiden Stücke zu verbinden. DiQ: Steckt eine tiefere, metaphorische Bedeutung hinter den Vögeln in dieser Geschichte? MS: Vor allem bei Aristophanes dienen sie als Parabel. Flügel zu haben und frei zu sein überall hinzufliegen – ist das nicht etwas, wonach wir uns schon immer gesehnt haben? Können wir von der Art, wie die Vögel leben, etwas für unsere Gesellschaft lernen? Oder bleibt es doch nur eine Fantasie? DiQ: Die Inszenierung kombiniert Szenen mit Musik. Welchen Stellenwert und welche Rolle spielt die Musik in dieser Inszenierung? MS: Musik kann im Schauspiel so unendlich vieles. Sie kann helfen, das Stück zu verstehen, sie kann eine Atempause bieten oder zum tieferen Nachdenken anregen. Sie kann aber auch Freude und Spaß vermitteln, wenn wir jemandem auf der Bühne beim Singen zuschauen – oder besser: zuhören. An diesem Abend werden wir uns wohl von allem etwas bedienen. In erster Linie aber unterstützt Musik den Text, denn zur antiken Komödie von Aristophanes gehören natürlich auch etliche Chorlieder und auch die Bearbeitungen des Stoffes haben etliche musikalische Variationen hervorgebracht. Denn Musik kann vor allem eins – gute Laune erzeugen! Do, 20.03., 20 Uhr, Studio Werkhaus, NTM, Mannheim 64
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