Delta im Quadrat Nr. 81

32 HEIDELBERG SPEZIAL Zehn Tage volles Theaterprogramm – der Heidelberger Stückemarkt Am 25. April beginnt der nächste „Heidelberger Stückemarkt“, und die 42. Auflage des Theaterfestivals bringt erneut viel Neues auf die Bühnen, teils gelesen, teils gespielt. Jürgen Popig, Schauspieldramaturg und einer der künstlerischen Leiter des Festivals, erzählt uns mehr über die zehn Tage im Frühjahr, die die Avantgarde des zeitgenössischen Theaters in Heidelberg versammeln werden. Delta im Quadrat: Beim Heidelberger Stückemarkt lädt das Theater andere Häuser mit hochkarätigen Stücken zu Gastspielen ein und in Wettbewerben treten Theaterautor*innen gegeneinander an. Was bedeuten diese zehn Tage für das Heidelberger Publikum? Jürgen Popig: Das Publikum kann aktuelle Aufführungen sehen, ohne dass es dafür nach Berlin, München oder Wien reisen muss. Es gibt neue, noch nicht gespielte Stücke und Autor*innen zu entdecken. Und natürlich ein überaus spannendes Gastland: China. Also zehn Tage volles Theaterprogramm! DiQ: 2025 sind u. a. das Berliner Ensemble und die Münchner Kammerspielen zu Gast beim Stückemarkt – zwei der größten und erfolgreichsten Bühnen im deutschsprachigen Theaterraum. Aber auch kleinere Häuser wie das Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau oder das Theater Oberhausen kommen. Gibt es etwas, das alle diese unterschiedlichen Gastspiele verbindet? JP: Es sind Inszenierungen, die das Auswahlgremium aus unterschiedlichen Gründen bemerkenswert und überzeugend fand. In diesem Jahr gibt es tatsächlich zwei thematische Schwerpunkte. Einmal die politische Radikalisierung von rechts. Dazu zeigen wir unterschiedliche Beiträge, zum Beispiel die dokumentarischen Stücke „Leaks“ von Nuran David Calis (Schauspiel Frankfurt) und „Das beispielhafte Leben des Samuel W.“ von Lukas Rietzschel (Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau), die satirische Revue „Die Insel der Perversen“ von Rosa von Praunheim (Deutsches Theater Berlin) sowie die österreichische Perspektive in „chronik der laufenden entgleisungen“ von Thomas Köck (Schauspielhaus Wien/Graz). Das zweite Thema ist die Verlorenheit des Individuums innerhalb der Gesellschaft – ein Thema, das auch in den Stücken für junges Publikum aufgegriffen wird, die für den Jugendstückepreis nominiert sind. DiQ: Das diesjährige Gastland ist China. Ein Wochenende lang sind am Theater und Orchester Heidelberg Theaterstücke vom anderen Ende der Welt zu sehen. Gibt es einen grundlegenden Unterschied zwischen Theater hier und in China? JP: Im chinesischen Schauspiel gibt es drei hauptsächliche Tendenzen. Einmal die Auseinandersetzung mit klassischen Stoffen der chinesischen Literatur, die aus heutiger Sicht uminterpretiert werden, zum Beispiel feministisch. Zweitens neue Stücke chinesischer Autor*innen, die vermehrt ihren Weg auf die Bühne finden. Und schließlich Inszenierungen von Stücken des westlichen Repertoires, die oft spektakulär umgesetzt werden. Beim Stückemarkt beschränken wir uns auf Beispiele aus den ersten beiden Bereichen. Beeindruckend ist die schiere Größe der Produktionen aus China, man findet nur wenige Kammerspiele, sowie die technische Brillanz und Perfektion. Da kann das deutsche Theater noch was dazulernen! DiQ: Der eigentliche Kern dieses Festivals sind ja die neuen Texte und die Preise, die sie gewinnen können. Was hat es damit auf sich? JP: Wir stellen neue, noch nicht aufgeführte Theaterstücke in Lesungen vor – und zwar sowohl deutschsprachige Werke als auch Stücke aus dem Gastland China, die extra für den Wettbewerb übersetzt werden. Eine Fachjury entscheidet dann, welches Stück den Autor*innenpreis und welches den Internationalen Autor*innenpreis bekommt. Und das Publikum stimmt über den Publikumspreis ab. Auf diese Entscheidung bin ich besonders gespannt, denn sie deckt sich meistens nicht mit der Meinung der Jury... DiQ: Und welche Besonderheiten erwarten das Heidelberger Festivalpublikum in diesem Jahr rund um die Wettbewerbe und die nominierten Texte? JP: Nach jedem Gastspiel und jeder Lesung findet ein Publikumsgespräch statt. Außerdem wird es zwei Podiumsdiskussionen geben und nicht zuletzt auch zwei rauschende Partys. Ein besonderes Highlight ist das kostenlose Programm mit Konzerten und Aktionen auf dem Theaterplatz, veranstaltet von unserem Begegnungsformat „zwinger x“ – ideal zum ersten Reinschnuppern ins Festivalvergnügen! 25.04.-04.05., Theater Heidelberg, www.theaterheidelberg.de

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