Delta im Quadrat Nr. 80

44 CLUB- & POPKULTUR Ditzner’s Kino Roulette Roulette gibt es in den verschiedensten Versionen: europäisches und amerikanisches, natürlich russisches – und „Ditzner’s Kino Roulette“. Diese Spielart ist ein echtes Ludwigshafener Original, und was sich dahinter verbirgt, erzählen uns der Schlagzeuger Erwin Ditzner und die Kuratorin der Reihe, die Filmwissenschaftlerin Dr. Morticia Zschiesche, im Interview. Delta im Quadrat, Tim Fischer: Können Sie uns das Konzept von „Ditzner’s Kino Roulette“ erläutern? Wie lässt es die Filmkultur der 1920er Jahre wieder aufleben? Erwin Ditzner: Im Prinzip geht es uns darum, herausragende Stummfilme, die vor mehr als 100 Jahren glanzvolle Premieren mit live orchestrierter Musik feierten, durch zeitgenössische und im Moment improvisierte Musik zu neuem Leben zu erwecken. Wir wollen keine festen Skripte vorher erstellen, nach denen wir unsere Musik spielen, sondern in der Improvisation, im Moment möglichst nah und direkt den Film vertonen. Daraus baut sich ein Spannungsfeld auf, was erstaunlicherweise eine vollkommen neue Perspektive auf den jeweiligen Film entstehen lässt. Mir ist es auch wichtig den Abend als Duo zu gestalten, weil man zu zweit naturgemäß die direkteste Art des Zusammenspiels provoziert. Die Klangkulisse bleibt klar und man kann den Output des oder der Einzelnen viel stärker erleben. Meine jeweiligen Gäste wähle ich nach dem Genre der Filme aus. Sehr oft mit dabei ist Paata Demurishvili am Piano, mit dem ich auch die Reihe schon vor Jahren begonnen habe, aber ich werde auch weiterhin immer wieder andere Gäste einladen. Morticia Zschiesche: Und es ist eine Einladung nach Ludwigshafen, um in einer Stadt, die leider kein eigenes Kino mehr hat, trotzdem das reiche Film-Erbe neu zu erleben. DiQ: Welche Rolle spielt die Live-Musik bei diesen Veranstaltungen? ED: Die auf der Bühne, direkt vor der Leinwand sitzenden Musikerinnen und Musiker improvisieren und spielen wie bei einem Konzert zu den Bildern, die sie sehen. Das kommt direkt und unmittelbar beim Publikum an. Es kann miterleben, wie die Musikerinnen und Musiker auf die Filme reagieren und sich gegenseitig animieren und katalysieren, bewegte Bilder in Musik umzusetzen. Das ist sehr spannend! Vor allem für Kenner der Stummfilme ist es ein großes Abenteuer, die bereits bekannten Filme in einem vollkommen neuen musikalischen Gewand zu sehen. DiQ: Wie wählen Sie die gezeigten Filme aus und welche Kriterien sind dabei entscheidend? ED: Die Auswahl übernimmt mit großer Sorgfalt und großem Wissen Morticia Zschiesche, und die Frage gebe ich deswegen an sie weiter… MZ: Wir wollen internationale Stummfilme auf die Leinwand bringen, die auch nach

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