Delta im Quadrat Nr. 66

5 sogar nur auf die schwarze Horizontale und Vertikale – eine Diagonale lehnte er beispielsweise ab – und auf die Primärfarben Rot, Blau und Gelb. Dieses Konzept schuf Mondrian jedoch nicht spontan und alleine. Es entwickelte sich über Jahre und in Auseinandersetzung mit anderen Künstlerkolleginnen. So gründete er bereits 1917 mit Bart van der Leck, Theo van Doesburg und anderen die Künstlergruppe „De Stijl“, die sich alle mit ähnlichen Ideen und Zielen beschäftigten. DiQ: Ich frage mal ganz naiv: Was steckt „hinter“ den Bildern mit den schwarzen Linien und den farbigen Flächen, bzw. was liegt jenseits der geometrischen Ordnung und ihrem ästhetischen Reiz? Und wie kann man sich diese dahinterliegenden Dimensionen erschließen, wenn man vielleicht keinen spontanen Zugang zu abstrakter Kunst hat? RZ: Für Piet Mondrian und die Künstler*innen in seinem Umfeld war Kunst nicht eine Form, die Welt abzubilden, zu interpretieren oder zu illustrieren. Kunst sollte selbst konstruieren und die Welt neu gestalten. Das gestalterische Konzept beschränkte sich dabei nicht nur auf Malerei, sondern das gesamte Lebensumfeld mit Architektur, Design oder Mode sollte verbessert werden. Die Verbesserung der Welt durch die neue Gestaltung sollte schließlich auch den Menschen verbessern. Ganz unabhängig von diesem universellen, quasireligiösen Anspruch von Piet Mondrian hat sich sein Konzept als künstlerische „Marke“ doch soweit durchgesetzt, dass es in Pop- und Alltagskultur immer wieder aufgriffen wird: Von der Kaffeetasse bis zur Unterhose, alles ist bereits im Mondrian-Look gestaltet worden. DiQ: Was schätzen Sie: Wieviel Prozent der Ausstellung ist „Mondrian“, wieviel Prozent sind „die Folgen“? RZ: Es gibt nur wenige Museen, die Werke von Mondrian besitzen und die Versicherungswerte der Originale sind astronomisch. So freuen wir uns, dass wir dennoch die Werke aus dem Wilhelm-Hack-Museum mit Werken von Mondrian aus Den Haag, Krefeld oder Stuttgart ergänzen können. Einen wichtigen Teil in der Ausstellung machen die Werke der Zeitgenossen aus, die zur selben Zeit entstanden sind und in der Qualität denen von Mondrian in nichts nachstehen. In der anderen Hälfte zeigt die Ausstellung die zahlreichen und vielfältigen Adaptionen, die das Werk Mondrians im Laufe des 20. Jahrhunderts erfahren hat. DiQ: Und was sind diese Folgen und Adaptionen im Detail? RZ: Piet Mondrian ist der meistzitierte Künstler des 20. Jahrhunderts. Die Zitate und Varianten beschränken sich jedoch längst nicht auf den Bereich der Bildenden Kunst: Yves Saint Laurent griff bereits 1965 den Neoplastizismus auf und präsentierte eine ganze Mode-Kollektion im „Mondrian-Stil“. Heute ist Mondrian ein Pop-Phänomen, jeder kennt diese Art der Gestaltung, auch wenn man vielleicht gar nicht weiß, dass sie von Mondrian ist. Die Ausstellung kann aber nur vereinzelte exemplarische Positionen aus Kunst, Architektur, Design Remy Jungerman, Guardian Havana, 2009, Baumwolle, Kokosnuss, Regale, Fotoabzüge, Schnapsflaschen, Holz, 250 x 500 x 30 cm, Courtesy: Galerie Ron Mandos, Amsterdam, Copyright: Der Künstler Jörg Sasse, W-91-04-04, Reutlingen 1991, 1991, C-Print, 38 x 27,1 cm, Courtesy: Galerie Wilma Tolksdorf, Frankfurt, Copyright: VG Bild-Kunst Bonn 2023 Max Bill, Einheit aus drei gleichen Volumen, 1968, Acrylglas, 37,5 x 43,5 x 43,5 cm, Courtesy: Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen, Copyright: VG Bild-Kunst Bonn 2023

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