Delta im Quadrat Nr. 59
Schmetterling erbeutet – Parastou Forouhar In einer Großen Sonderausstellung feierte das Badische Landesmuseumdie „Göttinnen des Jugendstils“. Zwar lässt sich seit Herbst nur noch digital durch die Schau wandeln, doch in einer Studioausstellung wird das Thema fortgesetzt: Die international gefeierte Künstlerin und Aktivistin Parastou Forouhar (geb. 1962) nimmt das systematische Ornament in den Blick und hinterfragt seine Aussagekraft. Zum ausgehenden 19. Jahrhundert verabschiedet die künstlerische Avantgarde den strengen Historismus. Charakteristisch für den Jugendstil wird das Ornament, als inspirierendes Vorbild dient die Kunst des „Orients“. In Zeichnungen, Fotografien, computeranimierten BildsequenzenundObjektinstallationen zitiert Forouhar nundie kulturellen Stereotype und durchbricht ihre falsche Lesbarkeit. Durch eine geringe Abweichung von der Norm spürt sie der fatalen Schönheit des Ornaments nach: einerseits Mysterium durch Gleichklang, andererseits Raster und Ordnung als Ausdruck von weltanschaulicher Gewalt. Mit seiner Dynamik zwischen Form und Inhalt, reiner Ordnung und Symbol kaschiert das Ornament die Sprache der Gewalt, der Brutalität und Unterdrückung, derer sich totalitäre Regime bedienen. Zum Ornament verfremdete Genitalien oder Stoß- und Stichwaffen aller Art verweisen auf ein Strickmuster männlicher Gewalt. Ob wabenartig umrandet oder zu neuen Musterfolgen geordnet: Die Motive führen die Bandbreite einer im Namen des Islam geführten Diktatur vor Augen, die Andersdenkende nicht duldet – die Gleichförmigkeit ihrer Struktur lässt der Individualität keinen Raum… (© Bad. Landesmuseum, Foto: Bruno Kelzer) bis 19.03.2023, Badisches Landesmuseum im Schloss Karlsruhe, www.landesmuseum.de Worms: Geschichte in der Stadt am Rhein Im September des Jahres 1122, also vor neunhundert Jahren, beendete das Wormser Konkordat, also ein Vertrag mit der Kirche, einen langen Streit: „Der Investiturstreit dreht sich um die Frage, wer die letzte Autorität in Fragen der Amtsgewalt in geistlichen Fragen habe. Das Wormser Konkordat sucht diesen Streit mit der ausbalancierten Festlegung von unterschiedlichen Machtsphären zu beantworten“ so erklärt der Theologe Dr. Markus Wriedt die geschichtlichen Ereignisse, in deren Vorfeld sich auch der berühmte „Gang nach Canossa“ zutrug. „Spiel um die Macht. Von Canossa nach Worms“ (bis 30.12., www.museum-andreasstift.de) lautet so der Titel der aktuellen Sonderausstellung im Andreasstift, die einen etwas anderen Blick auf die Historie wirft: Eine Graphic Novel, ein Escape Game und eindrucksvolle Leihgaben bieten allen Zielgruppen, aber insbesondere auch jüngeren Menschen, interessante Zugänge zu dem geschichtlichen Ereignis. Nicht viel später war es, dass ein unbekannter Autor sich daransetzte, ein großes Epos niederzuschreiben: Das Nibelungenlied wurde in jene berühmten Worte gefasst, die man heute noch nachlesen kann. Und auch diese Sage ist eng mit der Stadt Worms verbunden. Siegfried reist von Xanten den Rhein hinauf, um die schöne Kriemhild in Worms zu freien. Rheinabwärts fährt er später, um seinem künftigen Schwager Gunther im Kampf um Brünhild zur Seite zu stehen. Sterben wird der Held jenseits des Rheins. Und der Schatz, den er einst den Nibelungen abgenommen hat, verschwindet auf Nimmerwiedersehen – natürlich – im Rhein. Das nahm das Wormser Nibelungenmuseum zum Anlass, dem Phänomen „NIBEL RHEIN“ auf den (Sagen-)Grund zu gehen und ins Mythenlabor einzutauchen – in Form einer Installation zum „Rhein in den Dichtungen der Nibelungensage“ (bis 21.05.2023, www.nibelungenmuseum.de ). KUNST/AUSSTELLUNG
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy OTA4MjA=