Delta im Quadrat Nr. 59
5 Mannheim stützen konnte. Eine großflächige Marschierszene steht symbolhaft dafür, wie die Gesellschaft zunehmend im Gleichschritt des Nationalsozialismus marschiert. Während die einen als Teil der Volksgemeinschaft agieren, erleben andere Entrechtung und Verfolgung. Besonders eindrucksvoll ist hierbei die Installation zur gewaltsamen Vertreibung jüdischer Badegäste aus dem Rheinbad 1935 oder der Gang über einen zerbrochenen Glasboden, der zum Pogrom 1938 in Mannheim führt. Als letzte Raumprojektion wird der Kriegsbeginn thematisiert. Hier zeigt sich, wie auch in Mannheim große Teile der Bevölkerung begeistert jubeln, als die Wehrmacht im Sommer 1940 eine Siegesparade abhält. Im Oktober 1940 werden fast alle Jüdinnen und Juden aus den beiden NS-Gauen Baden und Pfalz in das Internierungslager Gurs nach Südfrankreich deportiert. Dies bedeutet das vorläufige Ende der einst blühenden jüdischen Gemeinde in Mannheim. Eine Projektion zeichnet den Weg der Verfolgten nach Gurs, ihre Existenzbedingungen vor Ort sowie die Todestransporte in die Vernichtungslager im Osten nach. In einer künstlerischen Installation sind die Mannheimer Opfer der Shoah in plastischer Authentizität erfahrbar, die ihnen zugleich ihre Würde zurückgeben soll. In den Vierzigern radikalisiert sich die NS-Herrschaft weiter, und die „rassisch“ begründete Verfolgung erfasst zahlreiche Personengruppen. Widerstand gegen das Regime ist lebensgefährlich, die Todesstrafe droht schon bei Bagatelldelikten. Die deutscheWirtschaftwird immer stärker auf den „totalenKrieg“ ausgerichtet. InMannheimals bedeutendem Rüstungsstandort arbeiten nahezu alle Unternehmen für die Kriegswirtschaft, doch diese kann nur durch den massenhaften Einsatz ausländischer ZwangsarbeiterInnen am Laufen gehalten werden. Dann aber dreht sich die Lage: Am 30. März 1945 ist Mannheim vollständig von der US-Army besetzt. Der Krieg ist für die Stadt zu Ende. Die US-Militärregierung treibt die Re-Demokratisierung auf kommunaler Ebene voran; Gesetze zur Entnazifizierung kommen zur Anwendung und allmählich entwickelt sich eine selbstständige Erinnerungskultur. Es scheint, als habe Mannheim aus seiner Geschichte gelernt: Heute ist es eine Stadt, die sich das Zusammenleben in Vielfalt auf ihre Fahnen schreibt. Und dazu braucht es uns alle! Eröffnungswochenende mit freiem Eintritt: 02.-04.12., 10-18 Uhr, Marchivum, Mannheim, www.marchivum.de
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